Alefänzisch sein - ein Begriff, der extrem schwierig zu interpretieren ist, weil seine Bedeutung so vielfältig sein kann. Der unvergessene Walter Fröhlich hatte es mal versucht. Man muss nicht Überlinger in der dritten Generation sein, um alefänzisch zu handeln. Es genügen auch schon knapp zwei Jahre.
Eigentlich wollten wir auf die Posse rund um den gelungenen Heiratsantrag des städtischen Bauhofleiters Alexander Barth (die BÜB+ gratuliert von Herzen!) gar nicht eingehen. Zu kleinkariert waren die Reaktionen, der Stadtverwaltung und von OB Zeitler, der eine Rechnung erstellen will. "Kleinkariert" ist übrigens auch eine Definition für "Alefanz".
Doch heute erschien im SÜDKURIER ein herrlicher Leserbrief zum Thema, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Wir baten den Autor Matthias Theissen um die Genehmigung, ihn hier in voller Länge wiedergeben zu dürfen.
Der Alefanz lebt
Wer kennt sie nicht mehr, diese so beliebten Streber unter den Mitschülern, die streckten und fast schon mit Schnappatmung riefen: „Herr Lehrer, Herr Lehrer, ich weiß was: Unten im Keller brennt noch Licht“. Ähnlich beflissen und darum besorgt, dass im Städtle auch ja alles seine Ordnung hat, liefert nun eine Leserin den ersten Akt für‘s Narrenkonzert 2020 mit der Nachfrage: Wer diesen beherzt-bescherzten Heiratsantrag mit Papier-beklebten Schneepflügen auf der Hofstatt letzte Woche bezahle? Außerdem sei das Befahren der der Hofstatt verkehrswidrig.
Den zweiten Akt liefert der Südkurier, indem er ernsthaft bei der Stadt nachfragt. Und zuletzt setzt der OB sich gleich nach der Fasnet - jetzt aber im Ernst - nochmal die Narrenkappe auf, in dem er dem Bräutigam die Kosten in Rechnung stellen will, u.a. für ein paar Blatt Kopierpapier und paar Streifen Klebeband. Juhuu, liebe Überlinger Narren: Der Alefanz lebt und das Kleinkarierte im OB-Büro ist noch kleiner als Millimeterpapier.
Dann aber hätt‘ ich‘s jetzt bitteschön aber auch ganz genau. Kommunale Untersuchungs-Ausschüsse gibt es leider nicht. Aber zumindest Sondersitzungen von Finanzausschuss und Gemeinderat, die bitte aufklären: Wird diese Zahlung des Bräutigams denn dann im Verwaltungs-Haushalt gebucht, da sie „das Vermögen der Kommune nicht steigert oder mindert“? Oder im Vermögens-Haushalt, da die vom Betriebshof ja weiter verwendete Restmenge von Klebeband und Papier schließlich das „Vermögen steigert“? Erreicht der „Skandal“ den Höhepunkt nicht gerade andersrum: Mit der „verschleierten Bereicherung der Stadt durch erschlichenen Wertzuwachs“ bei 2,94 € für 1 Pack Papier und 0,94 € für ein 66 Meter (!) langes Klebeband, wovon schließlich gute 400 Blatt und 30 Meter übrig blieben? Wird ein normaler Einkaufspreis berechnet, obwohl die Stadt Großmengenrabatt hat?
Fragen über Fragen ... und dann noch das kurze Befahren der Hofstatt, das nach der StVO „bei Parken im 5-Meter-Bereich, soweit es durch Verkehrszeichen verboten ist“ mit 10,- € (je Schneepflug) zu ahnden ist. Ja wo sind wir denn, hier mal „ein Auge zudrücken zu wollen“: Nix da, auch der Alefanz verlangt Konsequenz.
Bei den schwer ermittelbaren Betriebskosten für die An- und Abfahrt der Schneepflüge empfiehlt sich das Aufwecken unseres Bundestagsabgeordneten: Im Parlament noch nie aufgefallen, im Wahlkreis aber bei der Eingrabung jeder Pflanzenknolle und Freischaltung jeder Ampel als Schirmherr dabei, böte sich hier doch mal eine medienwirksame Aufgabe an, um in die Medien zu kommen. Zumindest gemeinsam mit dem OB ins „Narrenblatt“, in die BILD oder direkt ins Fernsehen bei „Mario Barth deckt auf“, wo es um so kommunale Kapriolen geht wie hier. Peinlich, Herr OB. Wirklich: Einfach nur megapeinlich.
Matthias Theissen
Überlingen
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