Montag, 25. Mai 2020

Fünf Rechtsanfragen ans RP


Ein demokratisch legitimer Vorgang ist es, wenn Bürger oder deren gewählte Vertreter im Gemeinderat Anfragen an das Regierungs-präsidium (RP) stellen. Das RP ist die Rechtsaufsichtsbehörde der großen Kreisstädte, bei kleineren Gemeinden ist das Landratsamt zuständig. In ganz eklatanten Fällen ist das RP auch die Adresse für sogenannte Dienst-aufsichtsbeschwerden gegen einen (Ober-)Bürgermeister. Richten sich solche Beschwerden gegen einen Verwaltungsbeamten oder gegen einen städtischen Mitarbeiter, müssen diese an den Dienstherrn, den (Ober-)Bürgermeister, geschickt werden, der dann darüber entscheidet.

In der letzten Gemeinderatssitzung wurde von der SPD eine Anfrage an die Verwaltung gestellt, wie viele Dienstaufsichtsbeschwerden, Rechtsauskünfte etc. von der BÜB+ gestellt wurden. Die Verwaltung möge das zusammenstellen und auch, wie viel Aufwand für die Beantwortung durch die Verwaltung dadurch entstand. Da wir nicht wollen, dass die Verwaltung für diese SPD-Anfrage über Gebühr viel Arbeitsaufwand hat, haben wir die Beantwortung dieser Anfrage bereits selbst erledigt. Wir werden sie der SPD und dem SPD Oberbürgermeister Herrn Zeitler zuleiten.

Die BÜB+ hat bisher keine einzige Dienstaufsichtsbeschwerde über den OB oder einen Mitarbeiter der Stadt verfasst, auch keine einzige über ein Mitglied des Gemeinderates.

Wir haben als Fraktion BÜB+ bisher folgende Anfragen mit der Bitte um rechtliche Beurteilung an das RP geschrieben:

1. Im Juli 2019: Gegenstand war eine Anfrage, ob es - entgegen der Vorschrift der GemO - zulässig ist, dass ein bereits abgewählter Gemeinderat in der bisherigen Zusammensetzung noch über eine grundsätzliche Entscheidung hinsichtlich eines Bebauungsplanes (18 Meter hohes Ärztehaus Dr. Braun in der Aufkircherstraße) beschließen darf. Nach Rücksprache mit OB Zeitler teilte das RP mit, dass dies zulässig gewesen sei. Die BÜB+ verzichtete auf eine Klage, die vom RP als Möglichkeit genannt wurde.

2. Im November 2019: Anfrage, ob die Formulierung in der Hauptsatzung "Die Sitzungen der beschließenden Ausschüsse müssen grundsätzlich öffentlich erfolgen, mit den in der GemO genannten zwingenden Ausnahmen" zulässig sei. Bisher war dies eine "Kann"-Bestimmung. Das RP teilte mit, dass unsere Formulierung zulässig sei. Beschlossen wurde dann mehrheitlich die Formulierung "in der Regel öffentlich".

3. Im Dezember 2019: Anfrage, ob die Aussage von OB Zeitler "ein Aufsichtsrat ist so etwas wie ein Fachausschuss des Gemeinderates" rechtlich korrekt sei. Hintergrund war, dass alle Angelegenheiten des ÖPNV Stadtverkehrs aus der Zuständigkeit des Gemeinderates bzw. des Verkehrsausschusses in die Zuständigkeit des stets nichtöffentlich tagenden Aufsichtsrates der Stadtwerke Überlingen verlagert werden sollten. Das RP teilte mit, dass dies nicht so sei, insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen der GemO für die Sitzungen eines Gemeinderatsausschusses. Die Mehrheit des GR stimmte der Verwaltungsvorlage letztendlich zu, gegen die Stimmen der BÜB+. Angelegenheiten des Stadtverkehrs sind seitdem nicht mehr öffentlich im Gemeinderat.

4. Im Januar 2020: Anfrage an das RP nach Beurteilung und möglichen rechtlichen Auswirkungen der amtlichen Veröffentlichung eines angeblich gefassten Gemeinderatsbeschlusses zu einem Bebauungsplan der St. Leonhardswiese. Wir erinnern uns: Bereits einen Tag VOR der Gemeinderatssitzung wurde im HalloÜ amtlich bekanntgemacht, dass der Gemeinderat den Beschluss gefasst habe. Was dann jedoch nicht erfolgte: Der GR lehnte mit großer Mehrheit eine Bebauung der St. Leonhardswiese ab. Das RP tat sich mit der Antwort auf diese Anfrage schwer, nannte es dann nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung "ein Versehen" ohne rechtliche Auswirkungen.

5. Im Februar 2020: Anfrage an das RP, ob der Gemeinderat ein Weisungsrecht an die aus seiner Mitte in die Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungsgesellschaften entsandten Mitglieder habe. Hintergrund war, dass mit den Stimmen der Gemeinderäte im Aufsichtsrat die SWSee entschieden wurde, das Druckrohr des denkmalgeschützten Wasserkraftwerkes zwischen Andelshofer Weiher und Turbinenhaus am Mantelhafen zu verfüllen. Während der Gemeindetag nach Anfrage der BÜB+ dies unter bestimmten Bedingungen bejahte, verneinte es das RP. OB Zeitler beauftragte daraufhin einen renommierten Rechtsanwalt, ein Gutachten zu erstellen. Darin wird das Weisungsrecht angeblich ebenfalls verneint, es wurde aber vermutlich nicht zwischen sogenannten "obligatorischen und fakultativen Aufsichtsräten" unterschieden. Demnächst dürfen wir dieses 11.000 Euro teure Gutachten einsehen.

Liebe Überlinger Bürger*innen,
sie sehen, dass unsere Anfragen an das RP immer einen bedeutsamen Hintergrund hatten. Wir werden auch weiterhin im Zweifelsfall Anfragen an das RP stellen, wenn es unserer Meinung nach dringend geboten ist. Die BÜB+ steht für Offenheit, Bürgerinformation und -beteiligung.

Sonntag, 24. Mai 2020

Überlingen am Boden?

Am Bahnhof Stadtmitte: Überlingen am Boden
Von verschiedenen Seiten erhielten wir in den letzten Tagen Fotos geschickt: Überlingen am Boden !
Man fragt sich, was passiert ist. Hat man den SEE geklaut oder versuchen uns gewisse Zeitgenossen zu suggerieren, dass Überlingen am Boden liegt?

Zugegeben: Die letzten Wochen waren hart: Corona, Läden und Gastronomie zu, Firmen in Existenznot. Und dann noch die abgesagte Landesgartenschau! Und das LGS Gelände ohne die kleinste Ausnahme in 2020 geschlossen.

Reproduktion, Postkarte Archiv Diestel
Aber liegen wir deshalb am Boden? Nein, bestimmt nicht!

Schon 1634 meinte man, dass Überlingen am Boden sei und forderte die Bürger zur Aufgabe auf. Doch diese wehrten sich tapfer, mit Waffen und markigen Sprüchen, letztendlich erfolgreich.
Festgehalten auch auf einer alten Postkarte, die wir hier gerne zeigen möchten. Überlingen kann sich wehren, liegt noch lange nicht am Boden! 

Und wir sind überzeugt: Der SEE taucht auch wieder auf!

Ergänzung 28.05.:
Nun ist auch "AM BODEN" verschwunden. "ÜBERLINGEN" dagegen gibt es noch.

Montag, 18. Mai 2020

Nachruf auf Alexander Posch

Alexander Posch, verstorben 21.1.2020
Leider viel zu spät, aber mit Traurigkeit, erfuhren wir vom Tod unseres Mitbegründers der BÜB+ und Mitglieds, Alexander Posch, der nach einer schweren Erkrankung nur wenige Wochen vor seinem 50. Geburtstag überraschend verstorben ist. 
Mit der ihm eigenwilligen Art von hintersinnigen Ironie, aber immer sachlich, fair und ausgleichend im Ton, diskutierte und kommentierte er das Überlinger Stadtgeschehen. Sowohl als früheres Mitglied der SPD und DIE LINKE wie letztlich dann auch als Mitglied unserer freien, überparteilichen Initiative Überlinger Bürger, der sich von Beginn an auch viele Mitglieder anderer Parteien anschlossen. Sein ganzes Interesse galt der Kultur und vor allem der bildenden Kunst. Begeistert und sachkundig konnte er über seine Besuche großer Ausstellungen und seine Begegnungen und Gespräche mit namhaften Künstlern wie Georg Baselitz und anderen erzählen. Mit vielfältigen Ideen gab er immer wieder in Leserzuschriften und Diskussionen auch Anstöße für das Überlinger Kulturleben. 

Allein lebend, vom Typ eher still und zurückgezogen, fand auch seine Beisetzung in kleinem Kreise statt. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof Überlingens - dem Städtchen, das sein so geliebter Lebensmittelpunkt war. Die BÜB+ hat mit ihm einen konstruktiven, interessanten Querdenker und engagierten Unterstützer verloren. Es wird immer wieder viele Gelegenheiten geben, bei denen man sich gerne an ihn erinnern und an ihn denken wird.

Die Mitglieder, Unterstützer, Vorstand und Stadträte der BÜB+

Freitag, 15. Mai 2020

10.000qm Solar Thermie

Auf der Tagesordnung der letzten Gemeinderatssitzung stand ein TOP "Änderung des Bebauungsplans nördlicher Amann" zur Errichtung einer Solaranlage. Was zunächst eigentlich positiv klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Überraschung: Die Stadtwerke am See wollen in der Nähe des Holzschnitzel Heizwerkes auf etwa 10.000qm städtischer und spitälischer Fläche eine Solarthermieanlage bauen.

Solarthermie Feld in Ludwigsburg

Die BÜB+ steht so einem Vorhaben grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Uns überraschte allerdings die Eile, mit der das Vorhaben umgesetzt werden soll. Entgegen der üblichen Praxis wurde es nicht in einem zuständigen Ausschuss vorberaten, bevor es im Gemeinderat zur Diskussion und Abstimmung kommt. Die Gemeinderäte erhielten -die lediglich vierseitige- Sitzungsvorlage erst eine Woche vor der Sitzung. In dieser kurzen Zeit ist es kaum möglich, alle Aspekte dieses Vorhabens abzuwägen. 
  • In erster Linie der Anwohnerschutz: Wird es störende Spiegelungen, Reflexionen geben, die alle südlich gelegenen Wohngebiete betreffen können? 
  • Dann natürlich Landschaftsschutz: Wie wirken sich 1ha (10.000qm) Glasfläche auf die Sichtbeziehungen nach Aufkirch aus? 
  • Wie auf die Ökologie
  • Die Technik: Ist in unseren Breiten tatsächlich Solarthermie (also die Erzeugung von Warmwasser durch Sonnenstrahlung) tatsächlich die geeignetste Form alternativer Energiegewinnung? 
  • Wie sieht so eine Anlage aus: Sind die Elemente am Boden montiert (Vollversiegelung des Grüns?) oder wäre es möglich, sie erhöht zu installieren, um darunter im idealen Fall Flächen für andere Nutzung zu erhalten?
Solarthermie: Funktionsprinzip

Das waren für uns so viele ungeklärte Fragen, dass wir als Fraktion die Absetzung des TOPs mit Verweisung zur Vorberatung in den Bauausschuss beantragten. Von der Verwaltung wurde dies stark kritisiert, doch wir sind der Meinung, dass es genügend Zeit geben muss, alle offenen Fragen zu erörtern. Dazu gehört in erster Linie, die möglicherweise betroffenen Anwohner im Bereich Hildegardring frühzeitig umfassend zu informieren.


Montag, 4. Mai 2020

11.000 Euro zum Fenster raus!

11.000 Euro zum Fenster raus geworfen!
Im letzten HalloÜ schrieb die SPD in einem Beitrag: "Eine der vielen Anfragen der BÜB+ verursachte 11.000 Euro Kosten, die der Steuerzahler aufbringen muss, um die Neugier der BÜB+ zu befriedigen". Leider ist das weniger als die halbe Wahrheit, eigentlich ist es gar keine Wahrheit.

Im Zuge der Diskussion um die Entscheidung der Aufsichtsräte von Stadtwerk Überlingen und Stadtwerk am See zur Verfüllung des denkmalgeschützten Wasserdruckrohes der Wasserkraftanlage hatte die BÜB+ an die Verwaltung die Frage gestellt: Hat der Gemeinderat ein Weisungsrecht an die entsandten Gemeinderäte im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung der städtischen Beteiligungsgesellschaften? Müssen diese dann im Sinne des Gemeinderates dort abstimmen? Eine einfache Frage, die von der BÜB+ gleichzeitig auch an den Gemeindetag gestellt wurde. Von dort kam innerhalb weniger Tage eine ausführliche und eindeutige Antwort, die zudem kostenlos war:  "In städtischen Mehrheitsbeteiligungen gilt laut Kommunalverfassung grundsätzlich § 104 GemO, also ein Weisungsrecht. Dies gegenüber der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat. Es muss allerdings konkretisiert sein in den Gesellschaftsverträgen und/oder in der Hauptsatzung der Stadt." Eine eigene kurze Prüfung ergab, dass dieses Weisungsrecht in den Gesellschaftsverträgen mit SWÜ (Parkhäuser und OPNV) und ÜMT (Touristik und Therme) verankert ist, nicht dagegen bei der LGS GmbH und SWSee.

In der späteren Beantwortung der BÜB+ Anfrage zitierte OB Zeitler aus dem Gutachten eines von der Verwaltung extra beauftragten Rechtsanwaltes, das dieses Weisungsrecht bestreitet. Allerdings: Er bezog sich auf das Gesellschaftsrecht von "normalen" Firmen, nicht auf städtische Gesellschaften! Somit war die Rechtsauskunft des Anwaltes falsch, zumindest konträr zu der des Gemeindetages. OB Zeitler hatte den Rechtsanwalt von sich aus beauftragt. Daraufhin fragte die BÜB+ nach, was diese -aus unserer Sicht unnötige und zudem falsche- Rechtsauskunft denn letztendlich gekostet habe. Und so erfuhr man dann in der letzten GR Sitzung, dass der Rechtsanwalt dafür sage und schreibe 11.000 Euro berechnet habe! Aus "verständlichen" Gründen wurden die Umstände dieser Kosten dann nicht mehr genannt.

Nur mal so zum Vergleich: Gegen den erklärten Widerstand der Verwaltung erreichte es der Gemeinderat mühselig, für die TAFEL einen jährlichen Zuschuss von 10.000 Euro im Haushalt zu verankern. Alleine für ein vermutlich fehlerhaftes Gutachten bezahlte die Stadt 11.000 Euro, die man von dem Rechtsanwalt eigentlich zurückfordern sollte.