Ein demokratisch legitimer Vorgang ist es, wenn Bürger oder deren gewählte Vertreter im Gemeinderat Anfragen an das Regierungs-präsidium (RP) stellen. Das RP ist die Rechtsaufsichtsbehörde der großen Kreisstädte, bei kleineren Gemeinden ist das Landratsamt zuständig. In ganz eklatanten Fällen ist das RP auch die Adresse für sogenannte Dienst-aufsichtsbeschwerden gegen einen (Ober-)Bürgermeister. Richten sich solche Beschwerden gegen einen Verwaltungsbeamten oder gegen einen städtischen Mitarbeiter, müssen diese an den Dienstherrn, den (Ober-)Bürgermeister, geschickt werden, der dann darüber entscheidet.
In der letzten Gemeinderatssitzung wurde von der SPD eine Anfrage an die Verwaltung gestellt, wie viele Dienstaufsichtsbeschwerden, Rechtsauskünfte etc. von der BÜB+ gestellt wurden. Die Verwaltung möge das zusammenstellen und auch, wie viel Aufwand für die Beantwortung durch die Verwaltung dadurch entstand. Da wir nicht wollen, dass die Verwaltung für diese SPD-Anfrage über Gebühr viel Arbeitsaufwand hat, haben wir die Beantwortung dieser Anfrage bereits selbst erledigt. Wir werden sie der SPD und dem SPD Oberbürgermeister Herrn Zeitler zuleiten.
Die BÜB+ hat bisher keine einzige Dienstaufsichtsbeschwerde über den OB oder einen Mitarbeiter der Stadt verfasst, auch keine einzige über ein Mitglied des Gemeinderates.
Wir haben als Fraktion BÜB+ bisher folgende Anfragen mit der Bitte um rechtliche Beurteilung an das RP geschrieben:
1. Im Juli 2019: Gegenstand war eine Anfrage, ob es - entgegen der Vorschrift der GemO - zulässig ist, dass ein bereits abgewählter Gemeinderat in der bisherigen Zusammensetzung noch über eine grundsätzliche Entscheidung hinsichtlich eines Bebauungsplanes (18 Meter hohes Ärztehaus Dr. Braun in der Aufkircherstraße) beschließen darf. Nach Rücksprache mit OB Zeitler teilte das RP mit, dass dies zulässig gewesen sei. Die BÜB+ verzichtete auf eine Klage, die vom RP als Möglichkeit genannt wurde.
2. Im November 2019: Anfrage, ob die Formulierung in der Hauptsatzung "Die Sitzungen der beschließenden Ausschüsse müssen grundsätzlich öffentlich erfolgen, mit den in der GemO genannten zwingenden Ausnahmen" zulässig sei. Bisher war dies eine "Kann"-Bestimmung. Das RP teilte mit, dass unsere Formulierung zulässig sei. Beschlossen wurde dann mehrheitlich die Formulierung "in der Regel öffentlich".
3. Im Dezember 2019: Anfrage, ob die Aussage von OB Zeitler "ein Aufsichtsrat ist so etwas wie ein Fachausschuss des Gemeinderates" rechtlich korrekt sei. Hintergrund war, dass alle Angelegenheiten des ÖPNV Stadtverkehrs aus der Zuständigkeit des Gemeinderates bzw. des Verkehrsausschusses in die Zuständigkeit des stets nichtöffentlich tagenden Aufsichtsrates der Stadtwerke Überlingen verlagert werden sollten. Das RP teilte mit, dass dies nicht so sei, insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen der GemO für die Sitzungen eines Gemeinderatsausschusses. Die Mehrheit des GR stimmte der Verwaltungsvorlage letztendlich zu, gegen die Stimmen der BÜB+. Angelegenheiten des Stadtverkehrs sind seitdem nicht mehr öffentlich im Gemeinderat.
4. Im Januar 2020: Anfrage an das RP nach Beurteilung und möglichen rechtlichen Auswirkungen der amtlichen Veröffentlichung eines angeblich gefassten Gemeinderatsbeschlusses zu einem Bebauungsplan der St. Leonhardswiese. Wir erinnern uns: Bereits einen Tag VOR der Gemeinderatssitzung wurde im HalloÜ amtlich bekanntgemacht, dass der Gemeinderat den Beschluss gefasst habe. Was dann jedoch nicht erfolgte: Der GR lehnte mit großer Mehrheit eine Bebauung der St. Leonhardswiese ab. Das RP tat sich mit der Antwort auf diese Anfrage schwer, nannte es dann nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung "ein Versehen" ohne rechtliche Auswirkungen.
5. Im Februar 2020: Anfrage an das RP, ob der Gemeinderat ein Weisungsrecht an die aus seiner Mitte in die Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungsgesellschaften entsandten Mitglieder habe. Hintergrund war, dass mit den Stimmen der Gemeinderäte im Aufsichtsrat die SWSee entschieden wurde, das Druckrohr des denkmalgeschützten Wasserkraftwerkes zwischen Andelshofer Weiher und Turbinenhaus am Mantelhafen zu verfüllen. Während der Gemeindetag nach Anfrage der BÜB+ dies unter bestimmten Bedingungen bejahte, verneinte es das RP. OB Zeitler beauftragte daraufhin einen renommierten Rechtsanwalt, ein Gutachten zu erstellen. Darin wird das Weisungsrecht angeblich ebenfalls verneint, es wurde aber vermutlich nicht zwischen sogenannten "obligatorischen und fakultativen Aufsichtsräten" unterschieden. Demnächst dürfen wir dieses 11.000 Euro teure Gutachten einsehen.
Liebe Überlinger Bürger*innen,
sie sehen, dass unsere Anfragen an das RP immer einen bedeutsamen Hintergrund hatten. Wir werden auch weiterhin im Zweifelsfall Anfragen an das RP stellen, wenn es unserer Meinung nach dringend geboten ist. Die BÜB+ steht für Offenheit, Bürgerinformation und -beteiligung.
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