Obwohl noch eine Petition im Landtag läuft, obwohl sich weit über 1250 Büger in einer online Petition für den Erhalt ausgesprochen haben, hat die vom Stadtwerk am See (SWSee) beauftragte Firma anscheinend mit der Verfüllung des Druckrohres begonnen. Diese wird, wie man hört, nicht reversibel (entfernbar) sein, zumindest nicht mit vertretbaren Kosten. Die BÜB+ hatte durch Stadtrat Dirk Diestel in den vergangenen Tagen noch ein Schreiben an den Geschäftsführer des SWSee geschickt und auf den unserer Meinung nach großen Widersinn dieser Aktion hingewiesen, leider erfolglos:
Gebohrt durch sichtlich einwandfreien Stahl:Das Druckrohr |
Sehr geehrter Herr Bürkle,
dass mit dem Wasserkraftwerk niemand reich wird, ist richtig. Auch, dass es kein Selbstläufer, sondern sicherlich ein nennenswerter Aufwand ist, es wieder in Betrieb zu nehmen, ist unbestritten. Und dass der Beitrag -aufs Weltklima betrachtet- marginal ist, wie praktisch jede andere Einzelmaßnahme auch, ist ebenfalls richtig. Die Summe macht es.
Aber es geht doch darum, ein Zeichen zu setzen, so wie es in diesen Tagen SIEMENS klugerweise hätte machen können, indem man die Geschäftsverbindung zu einem der weltweit größten Kohlebergwerke in Australien beendet. Stattdessen geht man das Risiko ein, zwar bei einem im Verhältnis kleinen Kunden an Vertrauen zu gewinnen, bei den Menschen dieses aber aber weltweit schlagartig zu verspielen. Was aber ist langfristig gesehen wichtiger? SIEMENS lebt nicht nur einigen Großkunden, sondern auch von vielen Millionen Kleinkunden. So wie das Stadtwerk am See ohne zigtausende Kleinkunden keine Existenzmöglichkeit mehr hat. Großkunden machen sofort riesige Probleme, wenn nur einer davon ausfällt.
Das SWSee hat (noch) einen hervorragenden Ruf in der Region. Was aber bleibt davon, wenn sich in der Bevölkerung die Erkenntnis durchsetzt, dass es mit der Bürgernähe und der so oft plakatierten Nachhaltigkeit gar nicht stimmt? Der so entstehende Imageschaden ist finanziell gar nicht wieder gut zu machen. Reden Sie mal mit einem Marketingberater darüber. Der wird sicherlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er von dieser Sache hört. In wenigen Tagen, nach wenigen Presseberichten nach der Verfüllung der Druckleitung, ist die Aufbauarbeit langer Jahre zerstört. Sie als Kaufmann wissen sicherlich, wie viel Geld Sie investieren müssen, um im massiven Wettbewerb auch nur einen einzigen neuen Kunden zu gewinnen.
Sehr geehrter Herr Bürkle, diese Kosten sind aber nur „Peanuts“ gegen die Kosten, die Sie über Jahre hinweg aufwänden müssen, um ein erst ramponiertes Image wieder aufzubauen. Glauben Sie wirklich, dass es ist für das Ansehen der SWSee hilfreich ist, wenn Sie Gespräche abbrechen, selbst wenn die Gesprächspartner in Ihren Augen vielleicht unbequem sind? Trifft es zu, dass Sie sich weigern, mit dem Sprecher der Bürgerenergie Überlingen, Herrn Dr. Peter Riegger, ein direktes Gespräch zu führen? Das jedoch würde ich als wichtig ansehen! Und trifft es zu, dass Sie zwar Termine gesetzt hatten, diese aber nicht eingehalten werden konnten, weil Sie der BEÜ wichtige Informationen nicht zur Verfügung stellen? Das zumindest ist der Kenntnisstand der Überlinger Bürger, die sich auch fragen, wie denn die angeblich gefährlichen Gase in das Druckrohr kommen sollen. Oder wie das mit dem angeblich in das Rohr eingebrochenen Mähdrescher wirklich war. Und man fragt sich nicht nur hinter vorgehaltener Hand, wie groß denn das Interesse und der Einfluss der Eigentümer von Grundstücken ist, das wertmindernde und damit störende Rohr endlich loszuwerden: Nach der Verfüllung dürfte man es wenigstens überbauen.
Das SWSee wirbt vollmundig mit ökologischem Strom, den Sie anbieten. Stimmt es, dass Sie diesen größtenteils aus Nordeuropäischen Ländern zukaufen, um auch hinsichtlich der EEG Umlage optisch besser dazustehen, im Bundesdurchschnitt aber tatsächlich deutlich weniger Ökostromanteil als andere Anbieter haben? Ich nehme an, dass Sie diese Darstellung der „Tricks“ kennen.
Und stimmt es, dass das SWSee laut Zertifizierer OK-Power (dort sind nun auch die 2019er-Zahlen verfügbar) das SWSee dort mit 13.000 MWh im Jahr 2019 nur noch weniger als die Hälfte der Vorjahresmenge an zertifiziertem Ökostrom zugekauft hat? (2018: 26.367 MWh). Wie wird das durch Eigenerzeugung kompensiert werden - oder durch Zukauf bei einem anderen Zertifizerer?
Natürlich kann das kleine Wasserkraftwerk in Überlingen, egal in welcher technischen Nutzung, diesen fehlenden Ökostrom nicht ersetzen. Aber Sie können damit ein deutliches Zeichen setzen für die Bürger! Ein besseres Werbe- und Marketinginstrument gibt es nicht: Ökologisch CO2 neutral regional erzeugter Strom aus heimischer Wasserkraft! Da fragt dann kein Mensch mehr nach der Menge! Gleichzeitig zeigen Sie Verantwortung für ein technisches Denkmal, dass unsere Vorfahren mutig errichtet und risikoreich finanziert hatten.
Sehr geehrte Herr Bürkle, diese Weitsicht und diesen Mut unserer Vorfahren wünsche ich Ihnen auch.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Diestel
Stadtrat der BÜB+
(der wegen der Verfüllung des Wasserdruckrohres jetzt seinen Stromliefervertrag beim SWSee gekündigt hat)
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