Dienstag, 3. Mai 2022

Stellungnahme der BÜB+ Stadträte zum Artikel im SÜDKURIER am 30.4.2022

Wer hat es wirklich zerschlagen?

Das nach den Worten von Herrn Walter angeblich von uns zerschlagene Porzellan wurde spätestens im November 2021 bereits von den Fraktionen im Gemeinderat zerdeppert. Um unser Verhalten hinsichtlich Klage und Wortwahl zu verstehen, muss man sich nochmals an die Abfolge der Ereignisse erinnern:

Im Sommer 2021 erfuhr die BÜB+, dass Stadtratskollege Biniossek bereits seit mindestens sechs Monaten in führender Position für eine Partei tätig ist, deren bundesweit hochrangigen Mitglieder teilweise offen antisemitisches, radikales und Gedankengut von Reichsbürgern vertreten. In der Konsequenz forderte die BÜB+ Biniossek auf, sich davon zu distanzieren oder die BÜB+ zu verlassen. Er verließ umgehend die Wählervereinigung und Fraktion, behielt aber – leider rechtlich so zulässig - sein über die BÜB+ Wahlliste errungenes Mandat im Gemeinderat. Damit verlor die BÜB+ den Fraktionsstatus, Schreibrechte im HalloÜ und das Antragsrecht. Weder diese, erst recht nicht noch  weitergehende Maßnahmen wären nach GemO rechtlich zwingend notwendig gewesen!
 
Wir haben von den Gemeinderatskollegen für unsere konsequente Haltung keine Lobhuldigungen erwartet, allenfalls vielleicht ein klein wenig Respekt. Nicht erwartet aber haben wir, dass die verbleibenden Fraktionen uns sofort aus sämtlichen beschließenden und beratenden Ausschüssen, aus den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften, aus dem Ältestenrat und aus sämtlichen anderen Gremien hinauswerfen wollten. Der Satz in der öffentlichen Begründung dafür: „Die BÜB+ hat die Fraktion aus freien Stücken aufgelöst, dazu gab es keine formelle Notwendigkeit“. Nein, für uns gab es keine formelle Notwendigkeit dazu. Aber nur eine konsequente Trennung war geeignet, unsere Selbstachtung und unser politisches Selbstverständnis zu wahren. Eine Zusammenarbeit mit Unterstützern von Antisemiten (dazu gehört auch widerspruchsloses Hinnehmen)  ist für uns unmöglich, kein Fraktionsstatus ist uns das wert.
 
Herr Janicke (LBU) überbrachte uns dann einen „Kompromissvorschlag“ der Fraktionen mit dem ultimativ deutlichen Hinweis: Dies oder nichts! Der „Kompromiss“ besagte, dass wir freiwillig auf alle Sitze in allen Gremien verzichten sollten, dafür die beschließenden Ausschüsse behalten könnten. Im interfraktionellen Wahlvorschlag sollten wir jedoch einen Sitz in einem beschließenden Ausschuss für ein Mitglied der LBU(!) freigeben. Dafür dürften wir dann jeweils einen Sitz in einem beschließenden Ausschuss behalten. Diesen Vorschlag lehnten wir ab, zumal es rechtlich nicht zulässig ist, uns Sitze in beschließenden Ausschüssen zu nehmen. Diese müssen spiegelbildlich zum Wahlergebnis besetzt werden. Auch der Sitz im Ältestenrat ist uns durch die Satzung der Stadt garantiert.
 
In der Gemeinderatssitzung am 17.11.2021 gab es eine kurze Beratungspause für die Fraktionen. Die BÜB+ hatte zuvor einen Antrag gestellt, alles so zu belassen, wie es ist. Im Kreis der Fraktionssprecher fiel dann der Satz: „Das ziehen wir jetzt so durch!“ Unser Antrag wurde abgelehnt, das „Fell“ der BÜB+ Stadträte wurde an vorab (!) nominierte Gemeinderäte der anderen Fraktionen aufgeteilt. Unsere Formulierung, dass wir damit als „unerwünschte politische Kraft“ ausgeschaltet werden sollten, erscheint in diesem Licht als angemessen. Zumal auch viele andere Beispiele, schon seit der Kommunalwahl, diese Einschätzung unterstreichen.
 
Die BÜB+ hat (selbst nach einem theoretischen Abzug der 4100 Stimmen, die Herr Biniossek in der Kommunalwahl 2019 erhielt) immer noch deutlich mehr Wählerstimmen, als die SPD. Die SPD hat alle Fraktionsrechte, darf im HalloÜ schreiben. Wir dürfen nicht mal mehr unsere Kontaktdaten veröffentlichen. Dagegen haben wir geklagt, weil wir es als verfassungswidrig ansehen, dass unsere 34.600 Wählerstimmen nicht mehr richtig im Gemeinderat vertreten werden können und wir über unsere Arbeit nicht mehr ausführlich informieren dürfen. Dass es logischerweise unvermeidlich war, dafür den Gemeinderat und den Vorsitzenden OB Zeitler zu beklagen, liegt auf der Hand: Es muss der verklagt werden, der etwas Beklagbares herbeiführt.

Kristin Müller-Hausser
Dirk Diestel

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