Dienstag, 30. April 2019

Wie kann man die Kultur in Überlingen retten?

Heiß diskutiert wird aktuell im Südkurier die erfolgten Absagen vom Kleinkunstfestival und der Aufführungen der "Kleine Oper am See". Hintergrund ist die Sanierung des Kapuziner, die etwas unengagiert von der Verwaltung angegangen wird. Im Blick hat man bisher lediglich das Jahr 2020 , in dem der Kapuziner als Blumenhalle für die LGS dienen soll. Die BÜB+ hat in einer Presseerklärung einen Vorschlag gemacht, wie man das Problem vielleicht lösen könnte:

Letzte Klappe für Kultur im Kapuziner?
"Mit größtem Bedauern nimmt die BÜB+ neben der bereits erfolgten Absage des Sommertheaters nun auch noch den vorläufigen „Tod“ der beliebten Veranstaltungen der „Kleinen Oper am See“ und des Kleinkunstfestivals zur Kenntnis. Die nicht nachvollziehbare Verzögerung der notwendigen Auftragsvergaben zur Sanierung des „Kapuziner“ durch die Bauverwaltung wird schärfstens kritisiert. Wenn man sieht, wie zu Gunsten der LGS offensichtlich alle anderen Aufgaben vernachlässigt werden, kann es dafür keinerlei Verständnis geben. 

Das einst vielfältige Kulturangebot stirbt aus, eine Schande für eine Stadt wie Überlingen. Kulturentscheidungen gehören zudem zwingend in das Aufgabengebiet der gewählten Gemeinderäte, sie sind keinesfalls eine Sache der laufenden Verwaltung. Wohin das letztendlich führt, ist unübersehbar. Die BÜB+ schlägt zur Rettung der Veranstaltungen vor, den vermieteten Felderhausparkplatz für ein temporär erstelltes verglastes Veranstaltungszelt zur Verfügung zu stellen. Die Parkplatzmieter bekommen in dieser Zeit einen kostenlosen Stellplatz im Parkhaus West. Da die Stadt nach Absage des Sommertheaters die eingeplanten 30.000 Euro Zuschuss nicht ausgeben muss, könnte dieser Betrag in eine Subventionierung des Zeltes fließen.

Die BÜB+ sieht die große Gefahr, dass der möglicherweise mehrjährige Ausfall der beliebten Veranstaltungen zur Abwanderung in eine andere Stadt führt. Das ist unbedingt zu vermeiden. Die BÜB+ sieht den Gemeinderat in der Pflicht und Verantwortung, diese Angelegenheit zur kommenden Sitzung im Mai aufzugreifen und eine Entscheidung zu fällen."

Einen Leserbrief von Matthias Theissen, veröffentlicht im SÜDKURIER am 30.4.2019, möchten wir Ihnen im vollen Wortlaut mit Einverständnis des Autors  nicht vorenthalten:
Fast schon ein eigenes Theaterstück.

Es grüßen in Stille vom Friedhof der Überlinger Historie und Kultur: Eine der schönsten, jahrhundertealte Alleen Deutschlands mit über 100 gesunden aber gefällten Platanen am See, ein vom Schauspiel hochkarätiges „Sommertheater“, ein überragend organisiertes Kleinkunstfestival „Kultur im Kapuziner“ mit überregionalem Renommee und on top eine „Kleine Oper am See“. (Todesursache in allen vier Fällen: Die Landesgartenschau 2020). Ein letzter stiller Gruß auch von den Open Airs „Musikfilme im Park“ und der „Filmmusik“ Hollywood im Museumsgarten (Todesursache: Eingeschläfert), von „Kunst im Badgarten“ (Todesursache: Wiesen- und Baumwurzelschutz), vom „Kulturforum“ in der ehemaligen Schlecker-Filiale (Todesursache: Vermieterspekulation) und den „Jüdischen Kulturtagen“ (Mit der peinlichsten Todesursache: Rückzug der Sponsoren). Alle Veranstaltungen privat riskiert, finanziert und von unserer Stadt immer gerne für Glanz und Gloria ihres Touristik-Marketings genützt, aber stets nur mit beschämenden „Bettelpfennigen“ unterstützt. Als letztes nennenswertes kulturelles Unterpfand (jedoch auch in privater Hand) grüßen als „Hinterbliebene“ Orchester und Chöre der Kirche mit den grandiosen Münster-Konzerten und -Messen in der Musik und die kleine aber feine „Kultur-Lounge“ des begeisternden Nolte-Theaters. 
Seitens der Stadt selbst: Eine schier never-ending „Dali“-Ausstellung - allmählich bis zum Erbrechen beworben mit dessen Fake-Foto. Und ein in seiner Kreativität ganz offenkundig verbrauchtes Kulturamt. Einen kulturellen Glanz auf eigene Kosten kann sich die Stadt nur noch dank des „Schmucks mit fremden Federn“ geben: Durch die vom Kustoren-Ehepaar des Städtischen Museums ebenso engagierten wie hochprofessionell organisierten (und nicht selbstverständlichen) Sonderausstellungen. Und durch die Brillanz der Leitung und Leistung einer Stadtkapelle auf höchstem Niveau.

Entscheidend ist was bleibt“ (Anm.: nach der Landesgartenschau) sagten kürzlich deren eigene Geschäftsführung und der OB. Sicherlich sehr viel Neues und Schönes - gar keine Frage. Aber für die bisherige „Kulturstadt“ ÜB auch ein immenser Schaden, wenn es dabei bleibt, offenbar unfähig zu sein, über 2020 hinauszudenken. Für so Vieles für diese LGS waren behördliche „Wunder“ an Ausnahmen möglich. Da sollen jetzt Sommertheater und Kleinkunst-Festival  ausgerechnet an einer vorgeblich von der Stadt nicht zu erhaltenden (vermutlich gar nicht versuchten) Ausnahmegenehmigung scheitern, diesen wunderbaren Weigelt‘schen Glas-Pavillon länger als 6 Monate beim Gondelehafen am See aufzustellen? Und völlig irre ist ja der Verweis der Stadt auf die eigene Vorgabe, welche Veranstaltungen am See genehmigt werden und welche nicht. „Und solche eben nicht“.
Wer rechnen kann weiß, dass solche Veranstaltungen für Erfolg und (kostendeckenden  Besuch) Nähe und Ambiente des Sees brauchen. Des OB’s ewige Andienung dieses alten Schotterplatzes an der Zimmerwiese (schon für die Eisbahn) mag ihm als Verwaltungs-Experten ja eine 1 geben, bei wirtschaftlichem Denken allerdings wiederholt eine glatte 6. Wieso nicht die einfachste Lösung: Die „Blumenhalle“ der LGS in einen gekühlten Pavillon am Gondelehafen - „Sommertheater“ und „Kultur im Kapuziner“ belassen, wo sie waren. Oder an den Anfang des Uferparks. Fielen wirklich beide Veranstaltungen wegen der LGS für 2 (!) Jahre aus, würde ich als Theaterverein und Reinhardt Weigelt die LGS und OB bei deren eigenem Wort nehmen: „Entscheidend ist was bleibt“. Und dauerhaft in andere Orte am See wechseln, die sich freuen würden. Dann bliebe nichts. Allerdings auch nicht mehr viel vom Renommee des OB.

Matthias Theissen, Überlingen

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