Freitag, 21. September 2018

Offener Brief: Das kleine Reststück der Trockenmauer erhalten!

Die BÜB+ hat einen offenen Brief an einen umfangreichen Verteiler geschrieben und um den Erhalt des letzten Reststückchens der historischen Trockenmauer gebeten.
Siehe auch: (Das war) die Trockenmauer

Der Brief im vollen Wortlaut:

Landesgartenschau 2020, Uferpark West Überlingen,
Appell zum Erhalt des noch bestehenden Restes der historischen Trockenmauer aus Rorschacher Sandstein

Offener Brief

Sehr geehrte(r)
Damen und Herren Fraktionssprecher des Gemeinderates der Stadt Überlingen,
Herr Oberbürgermeister Jan Zeitler,
Herr Matthias Längin, Bürgermeister,
Herr Lothar Riebsamen, MdB,
Herr Klaus Hoher, MdL,
Herr Martin Hahn, MdL,
Frau Gisela Erler, Staatsrätin Land Baden-Württemberg,
Frau Martina Goerlich, LDA Tübingen
Herr Prof. Michael Goer, RP Tübingen,
Herr Prof. Dr. Claus Wolf, RP Stuttgart,
Frau Edith Heppeler, LGS GmbH,
Herr Roland Leitner, LGS GmbH,
Frau Marianne Mommsen, Architektin,
Herr Hartmut Walter, NABU,
Herr Tim Günther, BUND Überlingen,
Damen und Herren der Presse von Südkurier, Schwäbische Zeitung, SüdWest Presse, Stuttgarter Z, SWR Radio und Fernsehen, Süddeutsche Z, Wochenblatt,


Der größte Teil der historischen gestuften Trockenmauer aus Rorschacher Sandstein, errichtet um 1895 zum Schutz der Bahnanlagen der Bodenseegürtelbahn,  ist im Zuge der Baumaßnahmen für die Landesgartenschau 2020 bereits zu Gunsten der Uferabflachungen entfernt worden. Lediglich ein kleiner Abschnitt von schätzungsweise 20 Metern -im Bereich der zwei großen Linden am ehemaligen Taucherplatz- ist noch erhalten. Zum Schutz der Baumwurzeln ist in diesem Bereich die Entfernung der Sandsteinmauer nicht möglich, stattdessen ist hier eine Vorschüttung mit großen Granitblöcken aus Südtirol in den See hinein geplant. Damit wäre dann vollständig ein bedeutendes Stück Überlinger Ufergeschichte unwiederbringlich verloren.

In 2016 haben innerhalb von nur gut 2 Wochen etwa 3400 Überlinger Bürger für den Erhalt dieser Mauer und der darüber befindlichen Platanenallee unterschrieben. Das waren fast dreimal mehr Unterschriften, als für ein Bürgerbegehren notwendig gewesen wären. Die Umstände um die kompromisslose Ablehnung eines Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat und die damalige Oberbürgermeisterin haben eine tiefe Spaltung in der Bevölkerung verursacht, noch heute sind viele Bürger verärgert und von der Politik enttäuscht. Eine überdurchschnittlich ausgeprägte Ablehnung aller LGS Aktivitäten ist wahrnehmbar.

Mehrfach hat Herr Oberbürgermeister Jan Zeitler zum Ausdruck gebracht, dass er sich um ein „Aufeinanderzugehen im Interesse einer erfolgreichen Landesgartenschau“ bemühen will, zuletzt in seiner Neujahrsansprache anlässlich des Bürgerempfangs im Kursaal. Der kleine noch bestehende Rest der Trockenmauer würde dafür einen idealen Anlass bieten. 
Wir bitten den Gemeinderat, die Stadt, die LGS GmbH und natürlich die Architektin als Entscheidungsträger zu prüfen, wie dieses optisch sehr ansprechende Stück Trockenmauer sinnvoll in die Gesamtgestaltung des neuen Ufers integriert werden kann. Alle Empfänger unseres Appells bitten wir, ihren Einfluss in diesem Sinne geltend zu machen.

Das Stück Trockenmauer könnte sogar ein Ausstellungsobjekt sein; mit Hinweisen auf die phantastischen, heute nahezu verlorenen handwerklichen Fähigkeiten unserer Vorfahren. Das Mitte des 19.Jahrhunderts durch Aufschüttung gewonnene Land ohne jeden Beton und nur mit kunstvoll aufeinander gestapelten heimischen Natursteinen zu schützen, wäre heute handwerklich wie finanziell kaum mehr zu realisieren.

Da von der Bahnhofstraße bis östlich der Goldbacher Kapelle über 800m Ufer „renaturiert“ wurden, ist der Verlust von 20 Metern nicht renaturierten Ufers marginal und stellt kein Argument für die Notwendigkeit der geplanten Vorschüttung dar. Dieses ganz symmetrisch in der Mitte des Uferparks befindliche Reststück der Trockenmauer - die eigentlich als ein Bestandteil der als Kulturdenkmal geschützten Bodenseegürtelbahn zu sehen ist -  zu verschütten, wäre so eigentlich eher als eine „Denaturierung“ zu sehen.

Es gibt aber auch bedeutende ökologische Gründe, dieses Stück Mauer zu erhalten:
Nur etwa 6-7 Meter seewärts fällt genau in diesem Bereich das Unterwassergelände etwa 30 Meter senkrecht ab, so wie es landseitig senkrecht ansteigt. In diesem Steilwand- und im vorgelagerten Flachwasserbereich haben sich nach Untersuchungen der Uni Stuttgart mit dem Leibniz Institut für  Braunschweig sehr seltene Süßwasseralgen angesiedelt, die außer an dieser Stelle nur noch in einem bestimmten bayrischen Bergsee nachgewiesen werden können. Diese Algen sind praktisch die Gegenstücke unter Wasser zu den seltenen Bodensee Vergissmeinnicht, die mühsam im neuen Uferbereich angesiedelt werden sollen. Selbst eine Vorschüttung der Trockenmauer von nur einigen Metern Richtung See -und damit dann gefährlich nah an der Steilkante- bedeutet eine große Gefahr für diese seltenen Algenformen, jeder herabstürzende Stein kann sie vernichten.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir appellieren erneut, sich unseren Argumenten nicht zu verschließen. Bitte nutzen Sie im Interesse einer für Überlingen erfolgreichen Landesgartenschau neben der Chance zu einer Handreichung an die enttäuschten Bürger - einer Geste des von Ihnen gewünschten „Aufeinanderzugehens“ -  die Möglichkeit, mit dem Rest dieses historischen Bauwerks eine sichtbare Attraktion für die Landesgartenschau zu erhalten, aber auch für die Bürger der Stadt nach der LGS.

Wir stehen sehr gerne und jederzeit für persönliche Gespräche zur Verfügung.

Die angehängten Fotos zeigen genau den Bereich der Trockenmauer, der noch vorhanden ist.

Mit freundlichen  Grüßen
BÜB+
Sprecher und Sprecherrat


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