Montag, 10. Juli 2023

Gesetze und Würste, oder: Bebauungspläne

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der bekannte Journalist der SÜDDEUTSCHEN Zeitung, Heribert Prantl, über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dass die Abstimmung zum strittigen Thema Gebäude Energiegesetz gestoppt hat:

Gesetze und Würste
Die Opposition, an der Spitze Friedrich Merz von der CDU, redet von einer Klatsche für die Ampel. Das stimmt zwar, ist aber nicht das Entscheidende. Entscheidend ist: Das Verfassungsgericht stärkt, wie schon oft, die Parlamentsrechte – und zwar diesmal in einem ganz zentralen Punkt. Dieser Karlsruher Beschluss ist ein berechtigter und notwendiger rechtsstaatlicher Kommentar zu einer berühmt-berüchtigten Bemerkung von Otto von Bismarck über Gesetze und Würste. Man sollte, so meinte er, „besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden“, weil man so nicht mehr ruhig schlafen könne. Der Satz gilt als Ausrede dafür, es nicht so genau zu nehmen. Man wird mit solcher Lässigkeit weder den Würsten noch den Gesetzen gerecht. Ohne penible Beachtung der Herstellungsverfahren gibt es weder gute Wurst noch gute Gesetze.

Als ich diesen Text gelesen habe, fiel mir gleich eine Parallele im Überlinger Gemeinderat ein: Wenn dem Gemeinderat Bebauungspläne zur Entscheidung vorgelegt werden, hat man in der Regel etwa eine Woche, um sich durch hunderte  von Seiten zu lesen. Es gab sogar mal einen Fall, da waren es gleich mehrere Bebauungspläne, die alle in einer Sitzung beschlossen werden sollten. In Summe waren dazu weit über 1000 Seiten innerhalb weniger Tage zu lesen und zu verstehen. Was natürlich unmöglich ist wenn man berücksichtigt, dass man als ehrenamtlicher Stadtrat "nebenbei" auch noch seine tägliche Arbeit und seine Familie hat. Eine ausführliche Diskussion mit der Fraktion und vorab vielleicht auch mit Gemeinderatskollegen anderer Fraktionen ist nahezu unmöglich. 

Das Ergebnis: Man nickt etwas ab, was man eigentlich noch gar nicht will. Wenn dann zusätzlich noch von Verwaltungsseite Zeitdruck gemacht wird, kann es keine gute Entscheidung geben. So wie die oben zitierten Bismarck`schen Würste: Besser man weiß nicht, was drin ist. Wobei diese Einstellung der Verantwortung eines Stadtrates nicht gerecht werden kann. (Dirk Diestel)

2 Kommentare:

  1. Die gewählten Räte haben doch die Möglichkeit unangemessene Zeitspannen zu rügen, bzw. die Verwaltung hier notfalls zu zwingen, angemessene Zeitvorgaben zu fordern. Mein Eindruck ist aber leider der, die Räte und auch Damen können teilweise oder wollen teilweise nicht miteinander solche Einigkeit zeigen. Zudem denke ich das ein Großteil der Personen maßlos überfordert ist, bzw. nur im Stadtrat sitzt und das notwendige Hintergrundwissen halt nicht hat.

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  2. Da ist durchaus was dran. Nicht jeder im GR ist pezialist für baurecht, um so wichtiger wäre es, den Stadträten die Zeit zu geben, sich grundlegend zu besprechen und zu informieren. Wenn dann noch wichtige Themen erst an das Ende der GR Sitzung gelegt sind, ist es doppelt schwer, sich noch auf die wichtigen Punkte zu konzentrieren. Die Versuchung, halt schnell abzunicken, wird dadurch noch verstärkt. Rügen hilft nicht viel, aber gelegentlich wurde auch schon mal ein TOP abgesetzt deshalb.

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