In der Gemeinderatssitzung im Februar war es zunächst nur eine kurze Bürgerfrage, auf die es eine überraschende Antwort gab: Wo denn nun eigentlich die Motorradparkplätze hinkommen sollen, wollte ein Bürger wissen. Die Antwort der Verwaltung: In den ehemaligen "Rabengarten" an der Wiestorstraße und das nicht nur während der LGS, sondern auch danach.
Der Rabengarten, am Eingang Stadtgraben mit Kesselbachturm |
Der "Rabengarten" war jahrzehntelang ein beliebter Biergarten des früheren Gasthauses "Raben" gewesen. Nach dem Abriss des historischen Gebäudes entstand an dieser Stelle der eher langweilige Neubau, in dem auch die Filiale der Badischen Beamten Bank eingezogen ist. Während ein Vorschlag der BÜB+, in diesem mit grünen Hecken umgebenen Kastaniengarten einen Abstellplatz für Fahrräder unterzubringen nicht weiter verfolgt wurde, kam nun die überraschende Information, dass hier der Motorradparkplatz entstehen soll, nachdem es im Bereich des ehemaligen Schlachthauses wegen Anwohnerklagen vermutlich nicht möglich sein wird.
Auf eine erneute Bürgerfrage in der vergangenen GR Sitzung erfuhr man nun, dass die Entscheidung für diesen Standort eine "Sache der laufenden Verwaltung" sei (BM Längin). Genehmigt oder beschlossen werden müsse dies nicht, weil der Garten Bestandteil des Straßenraums und somit bereits für Verkehr zugelassen sei. Die Wurzeln der dort stehenden Bäume seien nicht gefährdet und würden durch ein neuartiges Verfahren geschützt.
Dass der Rabengarten Bestandteil des Straßenraums sei, war nicht nur für die Stadträte der BÜB+ neu und überraschend. Auf eine Nachfrage durch Stadtrat Dirk Diestel erfuhr man, dass dieser Standort durchaus bereits mehrfach Gegenstand von Beratungen in Gremien des Gemeinderates gewesen sein soll.
Um etwas mehr Informationen zur Sachlage zu bekommen, stellte die BÜB+ ein Auskunftsersuchen an Bürgermeister Längin mit folgenden Fragen. Die Antworten kamen erfreulich schnell, wir geben Sie hier in blau wieder:
- Welcher Art ist der „neuartige“ Wurzelschutz für die Bäume? Es wird dasselbe System eingebaut, wie bei den Parkplätzen in der Bahnhofstraße. Das System wurde im Ausschuss für Technik und Verkehr am 24.06.2019 vorgestellt und beschlossen. (Drucksache Nr. 2019-107) Anmerkung: Es sind vermutlich diese Platten (Link)
- Wie soll die Zufahrt der Motorräder zu dem Platz erfolgen? Wie viele Motorräder können dort geparkt werden? Zufahrt im nördlichen Bereich. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten wird die exakte Fläche in Abstimmung mit der Abteilung GUF erst bei der Ausführung festgelegt. Deshalb kann die genaue Zahl erst nach Herstellung mitgeteilt werden.
- Sind Boxen zur Aufbewahrung der Motorradhelme etc. geplant, wenn ja, wo? Boxen zur Aufbewahrung der Motorradhelme sind geplant und werden entsprechend der Anzahl der Stellplätze im Nachgang installiert. Der Platz wird entsprechend der Anordnung der Stellplätze gewählt. Im Parkhaus Mitte stehen im Moment schon Schließfächer zur Verfügung.
- Gibt es einen Plan, der die Zugehörigkeit des Rabengartens zum Straßenraum zeigt. (Kesselbachstraße oder Wiestorstraße?) Die Fläche liegt sowohl auf der Kesselbachstraße (links) wie auch auf Flächen der Wiestorstraße (rechts). Die Grenze liegt in der Grünfläche.(Da die Straße früher eine Landesstraße war, sind die Gehwegflächen separate Flurstücke.)
- Wann und wo wurde die beabsichtigte Nutzung des Rabengartens für Motorradparkplätze besprochen/beschlossen? Die BÜB+ hatte diese Grünfläche lediglich als potentielle Fläche für Fahrräder vorgeschlagen. Im Zuge der Diskussion um die Flächen beim ZOB wurde die Nutzung des Rabengartens angesprochen.
- Warum glauben Sie, dass die Umnutzung einer faktisch öffentlichen Grünfläche Sache der laufenden Verwaltung ist? Da es sich um Verkehrsflächen handelt, können dort Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, angelegt werden. Die Zuständigkeit der Verwaltung ergibt sich aus §44 GemO in Verbindung mit der Hauptsatzung.
- Ist jemals die Nutzung des Grünstreifens zwischen Zimmerwiese und Wiestorstraße für Motorradparkplätze geprüft worden? Die dortigen Sitzbänke werden nach unseren Beobachtungen selten genutzt. Dort wäre die Schaffung von Motorradparkplätzen mit Zufahrt von der Wiestorstraße aus denkbar, ohne dass irgendwelche Anwohner beeinträchtigt würden. Die Nutzung des Grünstreifens zwischen Zimmerwiese und Wiestorstraße wurde nicht geprüft. Beim Rückbau der Sitzplätze wären dort jeweils 2 Motorradstellplätze möglich. Durch die Gefällesituation müsste die Fläche jedoch angepasst werden. Der Absatz (s. Bild) beträgt auf die kurze Strecke ca. 15 cm.
Stadtrat Diestel fragte in der GR Sitzung auch an, warum abermals nicht bereits vor einer Entscheidung für die Umnutzung des Rabengartens mit den betroffenen Anwohner darüber gesprochen wurde mit dem Ziel, eine Lösung im Konsens zu finden. Die Geschichte zeigt doch, dass Entscheidungen ohne Anwohnerbeteiligung in der Regel mit Ärger, Prozessen und Petitionen enden, was mit frühzeitiger Beteiligung vermieden werden könnte. Man könne nicht in jedem Fall mit allen Anwohnern Kontakt aufnehmen, war die Erklärung.
Über die Antworten der Stadtverwaltung werden wir hier selbstverständlich berichten.
Ich bin ein absoluter Verfechter von Transparenz und Bürgerbeteiligung und habe allen Respekt vor der Konsequenz, mit der die BÜB+ ihr Versprechen aus dem Wahlkampf einlöst, sich absolut unbeirrbar für beides einzusetzen. Aber bei der nunmehrigen Kritik zum Thema „Motorradparkplatz Rabengarten“ muss ich doch ganz offen sagen: Es reicht nun auch mal.
AntwortenLöschenTransparenz und Bürgerbeteiligung kann nicht bedeuten, dass am Ende noch die Auswechslung jedes Kanaldeckels in ÜB vom Ausschuss vorbesprochen, vom Gemeinderat empfohlen und in einer Bürger-Versammlung im Kursaal gebilligt werden muss.
Matthias Theissen, Überlingen
Lieber herr Theissen,
AntwortenLöschennatürlich ist es nervend, immer wieder die gleichen Argumente anbringen zu müssen. Aber warum lernt die Verwaltung denn nicht aus zwei vergangenen Fällen, dass es einfach besser ist, vorher(!) mit den Leuten zu reden? So wie die Schweizer: Informieren, diskutieren, Konsens finden, bauen. Ohne Prozesse und Petitionen. Dies natürlich nicht über "jeden Kanaldeckel", das ist auch kein sinnvoller Vergleich zu einer öffentlichen Grünfläche, die vor Wohnungen zu einem Motorradparkplatz gemacht werden soll. Wobei es sicherlich im Bereich Zimmerwiese Flächen gibt, die besser geeignet sind und keinen Anwohner tangieren.
Liebe/r Herr oder Frau BÜB.
AntwortenLöschenAuf Antworten ohne Namen sollte man eigentlich gar nicht reagieren, aber ich tu‘s trotzdem. Dass ich (und ja wohl niemand) dem zitierten „Kanaldeckel“ nicht eine gleiche Bedeutung zumesse, wie einer Grünfläche mit Anwohnerschaft, war der verzichtbare Teil Ihrer Antwort: Bildliche Vergleiche bedürfen nun mal gewisser Überspitzung.
Ich geb‘ Ihnen völlig recht, dass das „Schweizer Verfahren“, zu informieren, zu diskutieren, einen Konsens zu finden und dann zu bauen das Richtige wäre. Auch mir wäre die Abstimmung darüber im Gemeinderat lieber gewesen, allzumal ich die Rechtswirksamkeit der Rechtfertigung bezweifle, dass dies eine Sache „der laufenden Verwaltung“ sei. Aber auch, weil die BÜB+ sicher dann auch das eingefordert hätte, was den Anwohnern beim „Raben“ mehr helfen würde: Ein Lärmschutz.
Aber: Wenn eine jetzt schon gut 2 Jahre anhaltende Diskussion über zig Vorschläge verschiedener Standorte partout keinen Konsens erbringt - ja auch nicht über den Vorschlag der BÜB ! - die LGS aber in nur wenigen Wochen beginnt, muss auch jeder nun mal akzeptieren, dass die Verwaltung eine Entscheidung trifft, bevor sich demnächst die Motorräder wieder vom See bis vor‘s Münster verteilen werden, was weitaus mehr Menschen tangiert.
Ich sehe die Option, dass ja dennoch weiterhin diskutiert - und im Falle dessen, dass endlich mal ein Konsens‘ über einen von allen gebilligten Standort gefunden wird - die „Raben“-Entscheidung revidiert werden kann. Als genauso wichtig sehe ich die Notwendigkeit, die offenbar schwammige Auslegung mal glasklar zu definieren, was unter Entscheidungen der „laufenden Verwaltung“ fällt und was zwingend der Zustimmungspflicht des GR unterliegt. Wäre dies weiterhin und tatsächlich „fast nach Gusto“ auslegbar, bedürfte dies eben mal einer gerichtlichen Präzisierung und Klärung. Würde die BÜB+ dies anstoßen, wäre es ganz im Sinne dessen, was ich an ihr wertschätze: Ihren Anspruch, für mehr Transparenz zu sorgen.
Lieber Herr Theissen,
LöschenSie haben vollkommen recht: Wer Transparenz fordert, muss sie selbst auch bieten. Dass in unserer Antwort versehentlich kein Name darunter stand, bitte ich herzlich zu entschuldigen!
Sie haben sicherlich auch recht, dass man die "Entscheidungskompetenz der laufenden Verwaltung" hinterfragen muss.Wenn es darum geht, eine Grünanlage umzunutzen, muss unserer Meinung nach der Gemeinderat oder zumindest der Fachausschuss eingebunden werden. Dirk Diestel, BÜB+