Montag, 25. November 2019

Überfluss, Tafelsorgen, Tafelfreuden

Überfluss

Deutschland ist ein reiches Land, Überlingen ist eine reiche Stadt. Tausende, Zehntausende, Hundertausende und Millionen Euro können wir ausgeben, um zu zeigen, wie gut es uns geht. 28 Millionen für eine neue Sporthalle oder 3,5 Mio Euro für ein LGS/Gastronomiegebäude im Uferpark? Kein Problem. Hundertausende für ein (noch nicht) funktionierendes Parkleitsystem-auch kein Problem. Aktuell ist die Liquidität der Stadt so gut, dass man der Bank über 200.000 Euro Strafzinsen zahlen muss. Es geht uns gut! Wirklich?

Unser täglich Brot: Nicht für alle selbstverständlich
Denn es gibt bei uns in Überlingen weit über 1000 theoretisch Berechtigte zum Einkauf bei der Tafel. Eingetragen mit Einkaufsausweis sind aktuell 452 Personen. Mindestens 1000 Menschen, denen das tägliche Kleingeld fürs tägliche Brot schlichtweg fehlt. Um die größte Not zu lindern, haben sich unter dem Mantel der Caritas aktuell 67 großherzige Mitbürger gefunden, die ehrenamtlich und in ihrer Freizeit die Tafel organisieren. Vier fest angestellte Fahrer fahren täglich zu 33 Lebensmittelgeschäften und Bäckereien, holen das ab, was dort im Überfluss nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit vernichtet werden müsste, weil es das Gesetz so verlangt. Kisten- und Kartonweise werden die -eigentlich einwandfreien- Lebensmittel mit gesponsorten Fahrzeugen in die Räume der Tafel gefahren, dort sortiert, präsentiert, um dann den schon wartenden Kunden billigst oder gar gratis überlassen zu werden.

Tafelsorgen

Doch jetzt hat man auch bei der Tafel Sorgen, denn die bisherige Finanzierung durch die Caritas wird immer schwieriger. Sinkende Kirchensteuereinnahmen, aber ständig steigende Ausgaben für Verwaltung, Versicherungen und Fahrzeuge bedrücken. In einem Vortrag im Ausschuss für Bildung und Kultur berichtete Frau Demmer von der Caritas über die vielfältige und sehr engagierte Tätigkeit in der Jugend- und Erwachsenenarbeit. Um den Aufgaben gerecht zu werden, ist man aber immer mehr auf Hilfe und Spenden der Bevölkerung angewiesen. Ein herzliches "Dankeschön" genügt nicht mehr. Daher hat die CDU Gemeinderatsfraktion  einen Antrag gestellt, die Arbeit der Caritas mit einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 10.000 Euro aus der Stadtkasse zu unterstützen. Zur Gegenfinanzierung wurde angeregt, den Haushaltsposten für "Rechtsberatung"  entsprechend zu kürzen. Die BÜB+ unterstützt diesen Antrag ausdrücklich. Nicht aber die Stadtverwaltung: Sie empfiehlt die Ablehnung des Antrages mit der Begründung, dass man bereits monatlich 191,75 Euro Zuschuss für die Haus- und Familienpflegestation der Caritas , sowie monatlich 59,17 Euro für soziale und pädagogische Betreuung von Flüchtlingen und Bürgern bezahle. Man möchte keine neuen freiwilligen Leistungen aufbauen, die dann möglicherweise einen Präzedensfall darstellen würden.

Tafelfreuden

Kommen wir nochmals auf die neue Sporthalle für 28 Millionen zurück, die ursprünglich etwa 23 Millionen kosten sollte. Alleine die 5 Millionen Mehrkosten würden genügen, um der Tafel 500 Jahre lang den beantragten Zuschuss in Höhe von 10.000 Euro zu bezahlen. In vier Wochen feiern wir Weihnachten, das Fest der Liebe und der Familie. Wir geben Milliarden aus für opulente Festtagsessen, Milliarden für fünf Minuten Feuerwerk zum neuen Jahr. Weihnachtsgänse werden in den Supermärkten vermutlich nicht übrig bleiben, um sie den Tafelkunden günstig oder gratis anbieten zu können. Aber die Stadt kann für eine Weihnachtsbescherung der anderen Art sorgen, indem sie künftig die Tafel mit 10.000 Euro im Jahr unterstützt und damit den Ehrenamtlichen und den Tafelkunden eine große Weihnachtsfreude bereitet. Es liegt jetzt an uns, an den Stadträten, den mehr als 1000 Tafelkunden ein frohes und beruhigendes Weihnachtsgeschenk zu machen.

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